Rentenversicherer haftet u.U. wegen unterlassener Auskunft
Das Sozialgericht Münster hat in seiner Entscheidung vom 17.02.2012 (Az.: S 14 R 744/10) entschieden, dass der Rentenversicherungsträger unter bestimmten Voraussetzungen für eine unterlassene Auskunft haftet.
Der Kläger bezog Altersrente. Diese wurde wegen der Berücksichtigung des Abschlags aus einem Versorgungsausgleich an die Ex-Ehefrau (Begünstigte) gekürzt. Die Begünstigte verstarb am 18.09.2001. Am 03.04.2009 kam es zu einer Gesetzesänderung, wonach nach Versterben der Begünstigten die Rente wieder voll an den Kläger hätte ausgezhalt werden müssen. Der Kläger erfuhr hiervon im Juni 2010 durch eine Fernsehsendung. Noch im Juni 2010 beantragte er die Neuberechnung seiner Rente, rückwirkend ab September 2009. Die lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass die erhöhte Rente erst ab Antragstellung gezahlt werde.
Das Sozialgericht Münster gab dem Kläger Recht. Er habe nicht wissen können, dass ihm die erhöhte Rente bereits im September 2009 zugestanden habe. Die Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt reicht nicht aus. Die Beklagte war verpflichtet den Kläger rechtzeitig auf die Möglichkeit einer Antragstellung hinzuweisen.
Die Hinweispflicht der Beklagten ergibt sich aus § 115 Abs. 6 des Sozialgesetzbuches VI (SGB VI) ergibt. Dort ist geregelt, dass die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen sollen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen.
"Sobald ein Träger feststellt oder feststellen kann, dass die Antragstellung Vorteile bringt, ist er zum Handeln verpflichtet, § 115 Abs. 6 SGB VI legt dem Träger damit eine "reaktive Beobachtungspflicht" auf. Zwar gilt diese Hinweispflicht nur, wenn dem Rentenversicherungsträger zunächst schon ohne einzelfallbezogene Sachverhaltsaufklärung erkennbar wird, dass ein abgrenzbarer Kreis von Berechtigten die Anspruchsvoraussetzung für eine Leistung erfüllt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall allerdings offensichtlich gegeben. Allein über die EDV der Beklagten wäre ohne Weiteres festzustellen, dass im Fall des Klägers die ausgleichsberechtigte Person verstorben ist, im vorliegenden Fall auch schon vor der Geltung des neuen Gesetzes."